Diffusionsoffen bauen
nach dem Vorbild der Natur
Beim Duschen wird am meisten Wasserdampf erzeugt. Diffusionsoffenes Bauen puffert die Raumfeuchte.
In jedem Haus gibt es unendlich viel Wasserdampf. Je dichter das Gebäude, desto mehr schlägt sich dieser als Kondenswasser an Wänden, Decken und Fenstern nieder. Bauteile, die die Feuchtigkeit aufnehmen und Stück für Stück wieder abgeben, regulieren das Raumklima. Diese Materialien sind offen für die Diffusion des Dampfes.
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Diffusionsoffen – Was bedeutet das?
Diffusionsoffen bedeutet, dass ein Bauteil – beispielsweise Holz – durchlässig für Wasserdampf ist. Dabei wird der Widerstand gemessen, welcher dem Wasserdampf entgegen gesetzt wird. Der Wert wird in µ (mü) angegeben und nennt sich Wasserdampf-Diffusions-Widerstandszahl. Je kleiner die Zahl beziehungsweise der Wert ist, desto durchlässiger ist ein Bauteil, d. h. desto schneller kann Wasserdampf durch ein Bauteil entweichen, je höher der Wert ist desto länger dauert es.
So liegt bei der Wasserdampf-Diffusions-Widerstandszahl die generelle Materialeigenschaft zugrunde. Trockener Gips hat eine Wasserdampf-Diffusions-Widerstandszahl von 10, Beton zwischen 100 & 130 und Holzfaserdämmplatten einen Wert von 10. Nun kommt zu den Materialeigenschaften aber auch noch die Dicke des Bauteils dazu. Eine 10 cm dicke Betonwand ist natürlich wesentlich diffusionsoffener als eine 100 cm dicke Betonwand. Multipliziert man die Wasserdampf-Diffusions-Widerstandszahl mit der Dicke der Bauteilschicht, erhält man die wasserdampf-diffusions-äquivalente Luftschichtdicke, auch als Sd-Wert bezeichnet.
Ab wann ist etwas diffusionsoffen?
Ab wann ein Material als diffusionsoffen bezeichnet wird, lässt sich am Sd-Wert erkennen. Ist dieser kleiner als 0,5 wird etwas als diffusionsoffen bezeichnet. Zwischen 0,5 und 1500 ist ein Stoff diffusionshemmend und gilt als Dampfbremse. Alles über 1500 ist diffusionsdicht und damit eine Dampfsperre. Streng genommen gelten nur Glas und Metall als völlige Dampfsperre. Das Gegenteil von diffusionsoffen ist übrigens diffusionsdicht.
Bauteile sind unterschiedlich durchlässig gegenüber dem Wasserdampf
Durch eine diffusionsoffene Bauweise wird die Schimmelgefahr gebannt.
Warum diffusionsoffen bauen?
Warum diffusionsoffen Bauen in den letzten Jahren immer beliebter wurde, liegt vor allem an dem wachsenden Bewusstsein für natürliches Bauen, aber auch an dem Wissen um die Gefahr der Schimmelbildung in Wohnräumen. Strömt durch undichte Bauteilanschlüsse feuchtwarme Luft, kühlt sich diese im Bauteilquerschnitt ab. Bei Überschreitung der Taupunkttemperatur entsteht Feuchtigkeit, die wiederum zu Schimmelbildung führt. Doch auch im Inneren eines Hauses entsteht Feuchtigkeit, sowohl durch Atmen als auch durch Schwitzen der Bewohner. Dazu kommt der kochende Topf auf dem Herd, der Trockner und das Duschen. Bei einem Haushalt mit vier Personen entstehen so täglich durchschnittlich 12 Liter Wasserdampf. Das wirkt sich natürlich auf das Raumklima aus.
Der Wasserdampf verteilt sich im Haus, dadurch wird die Luftfeuchtigkeit erhöht. Wer schon einmal in tropischen Gefilden unterwegs war weiß, dass sich diese feuchtwarme Luft nicht besonders angenehm anfühlt. Ist die Raumluft entsprechend feucht, erhöht sich auch der Dampfdruck. Der Vorteil beim diffusionsoffenen Bauen liegt darin, dass die Feuchtigkeit abtransportiert, gleichzeitig aber gespeichert wird. Ist das Raumklima zu trocken, kann die feuchte Luft wieder in den Raum abgegeben werden.
Diffusionsoffen bauen – Wie geht das?
Damit all das automatisch passiert, ist beim Bau eines Hauses einiges zu beachten. Die verwendeten Materialien sind ebenso wichtig wie die richtige Reihenfolge des Wandaufbaus. Vergleichen lässt sich das Ganze mit einer atmungsaktiven Jacke. Diese soll zugleich vor Regen und Wind schützen, Feuchtigkeit, die durch Schwitzen entsteht, jedoch nach außen abtransportieren. Man braucht also eine Hülle, die vor eindringender Feuchtigkeit schützt, gleichzeitig aber so aufgebaut ist, dass die im Inneren entstehende feuchte Luft abtransportiert werden kann.
Diffusionsoffene Wände bestehen daher aus mehreren Schichten. Von innen nach außen sind sie zum Beispiel folgendermaßen aufgebaut: Eine Gipskartonplatte sorgt für glatte Wände im Inneren. Dahinter liegt die Installationsebene für Leitungen, die auf einer Holzfaserdämmplatte befestigt werden. Anschließend kommt eine OSB-Platte, die aus ausgerichteten und verleimten Spänen besteht. OSB-Platten haben einen Sd-Wert von 3 bei einer Dicke von 15 mm. Nach der OSB-Platte beginnt das Ständerwerk aus Holz, das in der Mitte mit Zellulose gedämmt wird. Auf dem äußeren Teil des Ständerwerks wird eine Holzweichfaserplatte befestigt, die als Träger für den Außenputz dient.
Des Konzept von Engelhardt + Geissbauer zur Wärmehülle:
- mineralischer Außenputz
- diffusionsoffene Außenbeplankung mit Holzfaserwerkstoffen
- Holzrahmenkonstruktion aus technisch getrocknetem Konstruktionsvollholz (KVH)
- Innenbeplankung als luftdichte Ebene mittels OSB-Plattenwerkstoff
- Installationsebene aus Holzfaserdämmung
- Innenbeplankung mit Gipskartonbauplatten
Wasserdampfdurchlässigkeit der einzelnen Bauteile:
Material | Dicke | m-Wert | sd-Wert |
OSB | 0,015 m | 200 | 3,0 |
Zellulose | 0,200 m | 2 | 0,4 |
Holzfaser | 0,060 m | 5 | 0,3 |
sd = Wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke; m=Diffusionssperrwert
Welche Tapeten und Farben sind diffusionsoffen?
Geht es an den Innenausbau des Hauses, fragen sich viele Bauherren, welche Farben und Tapeten diffusionsoffen sind. Schließlich soll beim Innendekor nicht zerstört werden, worauf beim Bau des Hauses so viel Wert gelegt wurde. Grundsätzlich gilt, dass Raufaser, die aus Papier besteht und mit Holzspänen versetzt ist, diesen Kriterien entspricht. Der Effekt wird allerdings schnell zunichte gemacht, wenn Kunstharzdispersionsfarbe zum streichen verwendet wird. Ungestrichen sieht eine Raufasertapete leider nicht sehr ansehnlich aus. Die inzwischen so beliebten Vliestapeten wären zwar durchaus geeignet, der dafür benutzte Tapetengrund und Spezialkleber sorgen aber dafür, dass die Wand eher diffusionsdichter wird. Eine Alternative und passend zum ökologischen Baustoff Holz wäre daher Naturfarbe, Lehmfarbe oder Lehmputz. Die Diffusion kann so aufrecht erhalten werden.
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